Der wunderbare und vielfältige Kosmos der Spirituosen ist erstaunlich und verwirrend zugleich. Tatsächlich gibt es eine kaum zu übersehende Anzahl dieser berauschenden, geistigen Getränke, auch Schnaps genannt. Doch was macht eigentlich eine Flüssigkeit zur Spirituose??
Spirituosen sind alkoholische Getränke, deren Grundvoraussetzung ein Alkoholgehalt von mindestens 15 Prozent ist – mit der Ausnahme des süßen Eierlikörs, der bereits ab 14 Prozent als Spirituose gilt. Sie werden aus Naturprodukten gewonnen und durch Brennen zu dem konzentrierten Alkohol, den wir kennen und schätzen. Ein Beispiel hierfür ist der Branntwein aus Wein, der mindestens sechs Monate gereift sein muss, um als solcher bezeichnet zu werden.
Von Cognac bis Pisco: Spirituosen aus Wein
Eine wohlbekannte Spirituose, die durch Wein gewonnen wird, ist der Cognac. Dieser edle Tropfen entsteht durch das Destillieren von speziell fermentiertem Weißwein und muss in der Region Cognac in Frankreich produziert sein. Auch der Armagnac, welcher in der Armagnac-Region in Frankreich hergestellt wird, und der Pisco, ein Weinbrand aus den Weinregionen Perus und Chiles, gehören zu dieser Kategorie.
Die Bedeutung von Nebenprodukten: Tresterbrände weltweit
Tresterbrände repräsentieren eine faszinierende Mischung aus traditioneller Handwerkskunst und kulturellem Erbe. Sie entstehen in Weinbauregionen, wo die Überbleibsel der Weinherstellung – der Trester – aufbewahrt und destilliert werden. Dies zeigt den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und die Wertschätzung von Produkten der Natur in diesen Kulturen. In Italien gehört ein Glas Grappa genauso zum Ausklang eines Essens wie der Espresso. In Griechenland wird Tsipouro oft in geselliger Runde genossen. Während man diesen Tresterbrand in Österreich schlicht Treber nennt, wir in Spanien daraus der Orujo hergestellt wird. Diese Brände spiegeln somit nicht nur regionale Unterschiede im Geschmack, sondern auch kulturelle Gebräuche und Traditionen.
Obstbrände: Wenn Obst zu Alkohol wird
Obstbrände sind weltweit beliebt, doch einige Regionen stechen durch ihr traditionelles Handwerk und die Qualität ihrer Produkte besonders hervor. So hat das pittoreske Schwarzwald in Deutschland eine ausgeprägte Tradition in der Herstellung von Obstbränden, insbesondere von Kirschwasser und Schladerer Obstbränden.
Die Region Appenzell in der Schweiz – häufig mit dem nach ihr benannten Käse in Verbindung gebracht – ist bekannt für ihren exquisiten Suisse Obstbrand, hergestellt aus erlesenen regionalen Äpfeln und Birnen. Auch das Elsass, bekannt für seinen malerischen Charme, produziert erstklassigen Quitten- und Kirschbrand. Österreich, speziell die idyllische Steiermark, ist ein weiteres Highlight auf der Obstbrand-Landkarte, wo unter anderem Marillenbrand hergestellt wird.
Auch Osteuropa hat eine tiefe Obstbrand-Tradition. Serbien und Kroatien sind für ihren intensiven Slivovitz, einen Pflaumenbrand von erstklassiger Qualität, bekannt und Rumänien produziert einen markanten Ţuică aus Pflaumen oder Äpfeln.
Last but not least, in den USA, genauer gesagt in den ländlichen Regionen von Michigan, Washington und Oregon, werden ebenfalls erstklassige Obstbrände aus Äpfeln und Birnen produziert.
Apfel und Birne einmal anders: Spirituosen aus Obstwein und Obstgeist
Während Obstbrände direkt aus zerkleinertem Obst hergestellt werden – das Obst wird hierbei zerkleinert, zur Gärung gebracht und die entstanden Maische wird zu Obstbrand destilliert – kann das Obst auch auf andere Weise in Spirituosen verwandelt werden. In der Normandie, einer historischen Region in Frankreich, wird aus Äpfeln zunächst Wein hergestellt – der Cidre. Dieser Obstwein wird dann durch Destillation zum international berühmten Calvados weiterverarbeitet.
Bei der Herstellung von Obstgeist wird das Obst nicht zur Gärung gebracht, sondern frisch oder getrocknet in hochprozentigem Neutralalkohol eingelegt. Durch das Einweichen – Mazeration genannt – geht das Aroma des Obstes in den Alkohol über. Anschließend wird dieser aromatisierte Alkohol destilliert. Das Ergebnis ist ein Obstgeist, der sehr intensiv nach dem verwendeten Obst schmeckt, jedoch einen niedrigeren Zuckergehalt hat als ein Obstbrand. Beispiele für Obstgeiste sind der Himbeergeist oder der Brombeergeist.
Korn-Spirituosen: Die Getreidepower im Glas
Zudem gibt es Spirituosen, die aus Getreide, dem sogenannten Korn, hergestellt werden. Der Whisky wird dabei aus Roggen, Mais, Gerste und Weizen gebrannt, während der Wodka aus Kartoffeln, Melasse, Roggen und Weizen gewonnen wird. Der klassische Korn wird aus dem vollen Korn von Roggen, Buchweizen, Gerste, Weizen und Hafer gebrannt.
Exotische Spirituosen: Von Zuckerrohr bis Palmwein
Zuckerrohr und Melasse sind wesentliche Ausgangsstoffe für die Herstellung von Rum, wobei Zuckerrohr das Grundprodukt darstellt und Melasse ein Nebenprodukt seiner Verarbeitung ist. Nicht nur in der Karibik und Lateinamerika stellt das Zuckerrohr die Grundlage für Destillate dar, auch in Südostasien werden viele Schnäpse aus einer Kombination aus Zuckerrohr und Reis gebrannt.
Daneben werden auch Wurzeln wie Topinambur, Blutwurz und Enzian zur Spirituosenherstellung verwendet. Aus der Knolle des Topinambur, auch Erdbirne oder Jerusalem-Artischocke genannt, wird der Topinambur-Brand gewonnen. Dieser hat einen milden, erdigen und leicht süßlichen Geschmack und hat in den vergangenen Jahren eine Art Renaissance erlebt, besonders in der Bio- und Slow-Food-Bewegung. Die Blutwurz und den gelben Enzian findet man vorwiegend in den Hochgebirgsregionen Europas, die hauptsächlich in Deutschland und Österreich sehr beliebten Schnäpse aus diesen Wurzeln zeichnen sich durch ihren kräftigen, bitteren Geschmack aus.
Anis, Fenchel und Sternanis: Spirituosen mit besonderem Aroma
Pastis, Ouzo, Raki, Sambuca und Arrak sind alles Spirituosen, die sich durch den charakteristischen Geschmack von Anis, Fenchel und manchmal auch Sternanis auszeichnen.
Der französische Pastis, der griechische Ouzo, sowie der türkische Raki – auch bekannt als Löwenmilch – werden häufig mit Wasser verdünnt und erhalten dabei eine milchige Konsistenz.
Sambuca ist ein süßer italienischer Anislikör, der oft mit Kaffeebohnen serviert und sowohl pur als auch in verschiedenen Cocktails getrunken wird.
Der Arrak wird traditionell aus fermentiertem Palmensaft destilliert, das Destillat hat einen hohen Alkoholgehalt und wird vor dem Verkauft oft mit Wasser verdünnt.
Die süße Verführung: Liköre als vielfältige Untergruppe der Spirituosen
Eine besondere Kategorie der Spirituosen sind die Liköre, die mindestens 100 Gramm Zucker je Liter enthalten. Diese Süßkraft gepaart mit einer unendlichen Vielfalt an Aromen, ermöglicht es, Köstlichkeiten wie den Eierlikör, den Grand Marnier oder den Amaretto zu kreieren.
Die Spirituosen-Welt: Ein Spiegel von Kultur und Tradition
Jede Art Spirituose zeigt ihren eigenen, unverwechselbaren Charakter, jeder Schluck ist eine Reise in eine andere Kultur und in eine andere Tradition. Spirituosen sind nicht nur simple alkoholische Getränke, sie sind Repräsentanten ihrer Herkunft und erzählen Geschichten von Land und Leuten, von Vergangenheit und Gegenwart. Sie sind wirklich „geistige“ Getränke im wahrsten Sinne des Wortes.
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